© Dewezet 03. Februar 2007
Fünf-Länder-Konferenz soll die Weser retten
Widerstand gegen erhöhte Salzfracht aus der Werra wächst / Unternehmen K+S bleibt bei seinem Plan
Hameln (TT).
Die Salzkatastrophe in Werra und Weser droht nach wie vor - jetzt machen die fünf Anrainerländer gemeinsam mobil: Die Umweltausschüsse von Niedersachsen, Bremen, Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen treffen sich am 15. März im hessischen Baunatal zu einer gemeinsamen Krisensitzung. Das teilte der Hamelner Landtagsabgeordnete Volker Brockmann mit. Der SPD-Politiker erhofft sich von der "so noch nicht dagewesenen Konferenz" einen notwendigen Impuls, um den Plan der Kasseler Kali Salz AG (K+S), 700 000 Kubikmeter mehr Salzlauge in die Werra und damit auch in die Weser zu leiten, stoppen zu können.
Nach den ersten Meldungenüber die Pläne von K+S waren es zunächst Brockmann und dessen Rintelner Landtagskollegin von den Grünen, Ursula Helmhold, die Alarm schlugen - heute wächst die Front gegen die erhöhte Salzfracht in Werra und Weser täglich: Politiker von SPD, Grünen und FDP laufen auf allen Ebenen Sturm dagegen, die CDU vor Ort ist ebenfalls gegen die Salz-Pläne. Und auch in der regierenden Landes-CDU wird das Thema mittlerweile kritischer gesehen. Die Räte der Weserstädte Hameln und Rinteln haben einstimmig und über Parteigrenzen hinweg Resolutionen gegen die erhöhte Salzfracht verabschiedet, die Hamelner SPD hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel alarmiert, der Rintelner Rat sogar einen Hilferuf in Richtung EU gestartet. Anti-Salz-Resolutionen gibt es auch in Bad Karlshafen, Uslar, Northeim und Bodenfelde.
Sie alle werden gestützt von empörten Umweltschützern, Universitätsinstituten und Anwohnern. So warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz, dass die K+S-Pläne "verheerende Auswirkungen auf Flora und Fauna" hätten. Die Universität Kassel hat berechnet, dass nicht einmal das derzeitige Belastungsniveau in Werra und Weser ausreicht, um die von der EU geforderte Gewässerqualität zu erreichen. Hobby- und Berufsfischer sprechen von "schwersten negativen Folgen". Viele der inzwischen wieder heimisch gewordenen Kleinlebewesen und Fischarten in der Weser würden bei steigendem Salzgehalt verschwinden. Die Fischer verlören ihre Fanggründe, und die Entwicklung würde sich nachteilig auf Wasservögel und das gesamte Ökosystem der Flusstäler auswirken.
Während von allen Seiten gegen die drohende erneute Versalzung der Weser durch den größten deutschen Kali-Produzenten mobil gemacht wird, sieht dieser keine sinnvolle Alternative zur Entsorgung der Salzabwässer und hält die zusätzliche Belastung für gering. Die K+S hat nach Angaben des Regierungspräsidiums in Kassel eine aus dem Jahr 1942 stammende Genehmigung, so viel Salzlauge in die Werra einzuleiten, dass am Pegel Gerstungen an der thüringisch-hessischen Grenze der Wert von 2500 Milligramm Chlorid pro Liter nicht überschritten wird. Dieser Grenzwert würde auch durch die geplanten Einleitungen nicht überschritten. "Wir sind jederzeit offen für Alternativen. Aber es gibt keine", stellte K+S-Sprecher Oliver Morgenthal jüngst fest. Und: "Das Einleiten in die Werra ist die einfachste Lösung." Auf 100 Liter Werrawasser kämen jetzt 0,7 Liter Salzlauge. "Es kommen dann 0,04 Liter Salzlauge hinzu. Das sind gerade zwei Schnapsgläschen. Eine ökologische Katastrophe kann ich da nicht erkennen."
Vor der Grenzöffnung waren Werra und Weser wegen der Einleitungen aus den Kalibergwerken salzhaltiger als die Nordsee. Allein der Bund und die Anrainerländer haben seither mehr als 100 Millionen Euro für die Entsalzung der Flüsse aufgewendet. Der Salzgehalt ist inzwischen um rund 90 Prozent gesunken. Er liege bei Nienburg derzeit zwischen 200 und 300 Milligramm pro Liter, erklärte der Sportfischerverband. Auch die jahrelangen Bemühungen der Kommunen, Umwelt- und Fischereivereine hätten dazu beigetragen, dass die Flussläufe wieder gesünder seien als noch vor 20 Jahren. "Diese ökologischen Erfolgehaben dazu geführt, dass die Weser wieder zu einem landesweiten Magneten für den Tourismus und damit zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor der Region geworden ist", mahnt Northeims Landrat Michael Wickmann. So seien im Jahr 2005 über 33 Millionen Tagesgäste in die Urlaubsregion Weserbergland/Südniedersachsen gekommen. Die geplante Salzeinleitung würde alle Anstrengungen und damit die Entwicklung des Tourismusgewerbes zunichte machen.
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Dewezet 03. Februar 2007